Die Reise - Togo (01/2006 - 08/2006)



(11) Togo oder hier will man eigentlich nicht bleiben, aber alles wird anders!
Wir sollten eigentlich schon durch Nigeria gefahren sein, aber wie das so ist in Afrika, sind wir seit fast 2 Wochen in Lomé bei "Chez Alice" (bekannter Traveller-Treffpunkt), wo die verrücktesten Sachen passieren...Eigentlich hatten wir vor, am letzten Samstag nach Nigeria zu fahren. Alice (aeltere, patente Togo-Schweizerin, Besitzerin vom Platz, hat auch tolle Geschichten auf Lager, die sie dann beim "Stammtisch" erzaehlt, herrlich!), der wir gesagt hatten, dass wir arbeiten wollen (allerdings in Namibia) kommt dann aber am Freitag Abend um 22.30 Uhr daher und bringt alles durcheinander. Ich könnte ja in so einem Laden arbeiten, der Besitzer, ein Italiener geht zurück nach Europa im Mai und sucht jemanden, der das Ganze verwaltet und überhaupt, es gibt noch einen leeren Laden daneben und mit guten Ideen und und und. Ja, gut, dann guck ich mir das halt an... Wenn es nix ist, kann man ja am Sonntag fahren. Aber der Heiko braucht doch einen guten Job in seiner Branche, das wäre die Bedingung, dass wir hier bleiben. Ach ja? Moment mal ich kenn da einen Deutschen, einen Informatiker, der ist überlastet, den rufen wir morgen mal an. Am nächsten Tag : Ich komme zurück vom Autoteile-italienischen Tante Emma Laden (witziger Laden!), Heiko meint, dass es zur Zeit viel Arbeit gibt, dann Low-Phase, dann vielleicht einen großen Auftrag erst Mitte des Jahres. Gut, dann fahren wir halt morgen. OK, wir fahren morgen. Und da hält ein verrückter Typ an, kauft schnell mal eben die 2 Autos die gerade hier zu verkaufen waren, sitzt noch mit den Verkaeufern rum und zahlt Essen und Getränke, und da sagt die Alice: Moment mal, dieser Typ ist Chef von so ner Telekommunikationsfirma, geht raus, zerrt den Typen her, da gibt's einen Informatiker, der sucht einen Job. Ja, gut, da ist meine Telefonnummer und überhaupt, ich esse mal zu Ende, dann fährst du halt mit und wir reden. Heiko kommt zurück am Abend und meint: ja, also, wir können da beide arbeiten, ich im Technik Bereich und du reist halt durch Afrika und besuchst Provider und verkaufst diese Telefone, die übrigens in Ghana jede 20 Meter stehen (GSM-Kabine, nennt sich das). Togo ist seine Anfangsphase, der will dann in ganz Afrika verkaufen und wenn alles gut geht, irgendwo mal Provider werden. Dann sind wir noch mit dem essen gegangen und haben uns gestern wieder mit dem getroffen - wir sind mit den Autoverkaufern hin, die mussten Papiere machen. Gerade ist die lange ersehnte Lieferung der Telefone angetroffen, und da er zu spät ist mit seinen Lieferungen an Togocel war es ein unglaublicher Stress. Der Typ schreit und stresst rum wir ein Wahnsinniger, es ist unglaublich. Der hat auch zwischendurch eine Mitarbeiterin unglaublich beschimpft und ich war sehr schockiert, hab ihm meine Meinung gesagt und wir wollten mal wieder heute abfahren. Er hat sich dann kurz entschuldigt und erklaert, mir gings besser, weil ich das nicht runtergeschluckt hatte, also haben wir nix gesagt vom Abfahren und wir sind im Moment immer noch bereit, da zu arbeiten. Haben noch klar gemacht, dass wir eigene Büros haben, mit dem hätte man sonst nach 3 Minuten ein Magengeschwür. Hatten natürlich noch keine Zeit, uns in Ruhe mit ihm zu diskutieren über die näheren Arbeitsbedingungen, aber sicher ist schon: 700 Euro jeweils pro Monat, freies Wohnen und Essen, ein Monat im Jahr Urlaub mit bezahltem Flugticket nach Europa. Der Typ ist echt ein komischer Vogel, hart im Business (er ist übrigens Jude und bestätigt die klassischen Vorurteile...), soll auch gute Seiten haben, ist steinreich (hat auch mal mit Diamanten gehandelt). Wir gucken also mal, zu verlieren haben wir nix und wenns nix ist, dann fahren wir halt wirklich mal weiter. Verrueckte Welt...Fazit: Uns geht es gut und es wird uns nicht langweilig, mit den ganzen ueberraschenden Wendungen und unserer Traveller-Familie hier... Geschichten gehen selten aus...
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Wir sind immer noch bei unserem chaotischen Arbeitgeber, es sind auch schon wieder eineinhalb Monate... Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell! Wir lachen uns täglich kaputt wegen unserem Chef. Er kann eine tierische Nervensäge sein, aber er ist oft wahnsinnig lustig in seiner Art - wenn es ihm nicht gäbe, müsste man ihn echt erfinden! Manchmal geht es hier zu wie in der Psychiatrie, das kann man aber leider überhaupt nicht beschreiben. Wenn er z.B. mit seiner chinesischen Frau telefoniert, sagt (oder schreit) er innerhalb eines Gesprächs im Durchschnitt 15 Mal "Shit", 13 Mal "Fuck", 7 Mal "Asshole" und 10 Mal "Hello?!?". Oder aber ich sitze gerade mit einem Kunden zusammen und versuche ihn ernsthaft und professionell die Vorzüge unseres Produktes zu erklären, leider hat sich aber mein Chef gerade in dem Augenblick verschluckt und kotzt nebenan ins Blumenbeet. Es macht aber Spaß, und das Geschäft läuft. Unser Chef will noch dieses Jahr in ein anderes Land ziehen, vielleicht in den Tschad, aber er redet viel und wir müssen erstmal abwarten. Jedenfalls würden wir in dem Fall mitgehen. Wir haben eine gute Möglichkeit, ordentlich Geld zu sparen, wenn wir 1-2 Jahre mit ihm zusammen arbeiten. Wir könnten einen guten Motor in den Bus einbauen und dann ohne Sorgen weiter reisen. Wir arbeiten in einer verrückten Firma, diese passt aber wunderbar in der verrückten Umgebung. Togo ist ein "extremes" Land, in dem "extreme" Geschichten passieren. Oft hat man den Eindruck, hier den Abgründen dieser Welt zu begegnen. Viele Weiße hier sind völlig fertig – der Eine trinkt literweise Gin Tonic im Krug (ist ja auch gute Malariaprophylaxe...), der Andere trinkt durchaus mal 6 Flaschen a 65cl innerhalb von 2 Stunden am Nachmittag, der dritte Deutsche sitzt mal wieder im Knast, weil er mit irgendwelchen schrägen Geschichten reingeraten ist... Bei Alice, wo wir am Anfang gewohnt haben, ist ein anderer Deutscher, der neulich mit einer Frau ein Bier getrunken hat. Ihm wurden wohl irgendwelche Drogen ins Getränk gemischt, und anschließend wurde ihm Geld und eine Digitalkamera geklaut. Wir haben ihn am Sonntag gesehen. Er hatte von Freitag Abend bis Samstag Abend durchgeschlafen, die Frau hatte sich in der Zeit aus dem Staub gemacht. Am Sonntag Nachmittag war er immer noch völlig daneben, so was kann unter Umständen auch schief gehen. Ich lese gerade das Buch "Ach, Afrika" von Bartholomäus Grill, ein sehr interessantes Buch für Leute, die mehr über das wirkliche Afrika erfahren wollen. "Manchmal möchte man glauben, der Kontinent führe ein Doppelleben, ein verdammtes (...) und ein gesegnetes (...). Aber Afrika ist immer beides, es schleudert uns wie auf eine Achterbahn der Gefühle zwischen den Extremen hin und her, und manchmal sind diese Extreme nur ein paar Minuten oder Kilometer von einander entfernt. (...) Andauernd sind wir diesem Pendelschlag der Empfindungen ausgesetzt. Abscheulich und traumschön. Gewalttätig und friedfertig. Bösartig und gutmütig. Lebensprall und selbstzerstörerisch. Geheimnisvoll und banal. Offenherzig und heimtückisch. Man wird einwenden, dass uns derartige Gegensätze auf jedem Kontinent begegnen. Aber auf keinem sind sie so scharf ausgeprägt wie in Afrika." Dem gibt es für heute nichts hinzuzufügen.
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Ostern in Togo - Am idyllischen Strand gibt es auch eierfoermige essbare Sachen, die man allerdings mit der Machete aufmachen muss. Marcel und Jona waren da; mit Marcel sind wir vor zwei Jahren von Marokko bis in den Senegal gefahren. Er war wieder mal zu Besuch in Ghana, da hat er mal Zivildienst gemacht und da wir nicht sooo weit weg von Ghana wohnen (500m von der Grenze), wollte er mal gucken, wie es uns geht... War echt nett!!!
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Kpalimé - Wir sind letztes Wochenende nach Kpalimé gefahren (120 Km von Lomé), eine kleine Stadt in einer huegeligen Landschaft. Wir sind auf den hoechsten Berg Togos gestiegen (986m!!!) und waren im Dorf dort oben, wo wir mit dem Dorfchef Bier und mit dem Schuldirektor Schnaps getrunken haben. Eine sehr nette Gegend, da muessen wir wieder hin, es gibt einiges zu sehen. Am naechsten Tag haben wir eine Abtei besucht, wo wir von den Moenchen hergestellte Bioprodukte gekauft haben und in den riesigen Gartenanlagen spazieren waren. Ausserdem hatten wir am Donnerstag eine totale Sonnenfinsternis, daher war der Tag ein Feiertag und die meisten Togolesen haben sich aus Angst zu Hause versteckt, die Stadt war wie ausgestorben. Wir haben das Ereignis auf dem Dach des Hauses verfolgt.

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